Bonn ist Kulturstadt, Beethoven als Leuchtturm
Die in Bonn historisch gewachsenen Strukturen der öffentlichen Institutionen und privaten Träger stehen vor großen strukturellen Herausforderungen. In den nächsten Jahren müssen wegweisende Entscheidungen über Sanierungs- und Baumaßnahmen getroffen werden. Dazu kommen Umbrüche im Publikumsverhalten, die durch den demografischen Wandel und die Möglichkeiten der Digitalisierung angetrieben werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW), der Bund und die Europäische Union haben dies erkannt und unterstützen Städte, Kulturinstitutionen und -unternehmerinnen und -unternehmer in der Bewältigung dieses zentralen Umbruchs. Wir wollen in den nächsten fünf Jahren diesen Strukturwandel von Kunst und Kultur zur Chefsache in Bonn machen. Er soll von zwei Leitinitiativen getragen werden:
- Die Freien Demokraten wollen eine Stärkungsinitiative für die vielfältigen Kulturträger in Bonn ins Leben rufen. Dies soll durch eine Ausschöpfung der Förderangebote des Landes NRW, des Bundes und der Europäischen Union finanziert werden.
- Wir fordern nach dem Vorbild des Landes NRW ein Entfesselungspaket für die Verwaltung und Organisation von Kultur in Bonn. Sie soll durch eine Neuaufstellung effizienter werden und agiler auf den Strukturwandel reagieren können. Wir wollen eine Digitalisierungsoffensive der kulturellen Angebote in Bonn. Dazu gehören sowohl eine digitalisierte Verwaltung als auch eine Digitalisierung von existierenden Veranstaltungen (zum Beispiel durch Livestreams).
Beethovenstadt Bonn als Alleinstellungsmerkmal
Um die Beethovenstadt Bonn national und international weiter zu etablieren, fordern wir nach Abschluss des Beethovenjahres eine Bestandsaufnahme. Es sollte eine neue bundesweit greifende Strategie für die Stärkung der Beethovenfestspiele, des Beethovenhauses und des Beethoven Orchesters Bonn als Spitzenorchester entwickelt werden. Diese Ziele sind von nationaler Relevanz und können nicht allein aus dem städtischen Haushalt finanziert werden. Die Freien Demokraten fordern die Verwaltung auf, vorausschauend in Gespräche mit dem Land NRW, dem Bund und der Europäischen Union einzutreten und dem Stadtrat bis Herbst 2021 ein Konzept vorzulegen, das ab 2022 im Rahmen neuer Förderprogramme umgesetzt werden kann.
Die internationale Sichtbarkeit von Beethoven und das Gedenken an ihn muss weiterhin an die Stadt Bonn geknüpft bleiben. Wir verstehen die Beethovenstadt Bonn auch als eine Brücke, um die kulturelle Vielfalt aller Kunstsparten in Bonn zu entdecken und die Wahrnehmung als Kulturstadt Bonn insgesamt zu stärken. Eine starke Kulturstadt Bonn und die Beethovenstadt Bonn gehen Hand in Hand.
Wir sprechen uns deshalb für eine engere Kooperation der Beethoven-Institutionen, aber auch anderer öffentlicher Kulturträger mit den freien Trägern der Künste in Bonn aus. Kooperationen und erste Ansätze im Beethovenjahr können dafür ein Vorbild sein und sollten fortgeführt oder vertieft werden.
Oper, Theater und Schauspiel
Theater, Schauspiel und Beethoven-Orchester sind unverzichtbare Teile des Kulturstandorts Bonn und haben die internationale Reputation der Stadt über Jahrzehnte aufgebaut. Sie sind Teil eines Angebots, das Bonn als Stadt der Vereinten Nationen (UN) von internationalem Rang bereitstellt, um als attraktiver Wohnort mit höchster Lebensqualität zu bestehen. Diese kulturelle Infrastruktur, die von internationalen Konzernen und Organisationen zur Bindung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwartet wird, ist aber auch für den Wirtschaftsstandort Bonn von Bedeutung.
Die Freien Demokraten setzen sich für den Erhalt der Oper und des Schauspiels in Bad Godesberg ein. Die Art des Angebots und die Gliederung der Organisationen sind an die Leistungsmöglichkeiten der Stadt Bonn anzupassen. Eine Sanierung des Operngebäudes ist einem Neubau eines Kulturhauses gegenüberzustellen. Hierbei sind neben den finanziellen Aspekten auch die zukünftige Entwicklung klassischer und moderner Kultur in technischen und logistischen Bedarfen zu berücksichtigen.
Standort für Kulturveranstaltungen stärken
Freiluftveranstaltungen und die Pflege von Brauchtum sind Bestandteile der Lebensqualität und kulturellen Vielfalt in Bonn. Sie sind allerdings mit Geräuschemissionen verbunden. Beliebte Veranstaltungen wie die Klangwelle, Schützenfeste oder Karnevalsfeiern sollen nicht durch Beschwerden einzelner Anwohnerinnen und Anwohner in ihrem Bestand gefährdet werden.
Die Realisierung von Veranstaltungen im Freien für Kunst und Kultur muss unbürokratischer als bisher möglich werden. Wir fordern, die Notwendigkeit von Verwaltungsauflagen zu überprüfen und die teilweise prohibitiven Abgabegebühren für Kulturträger zu senken. Gerade das bürgerschaftliche Engagement von Initiativen der Freien Szene darf nicht auf diese Weise untergraben werden.
Im Rahmen einer “Stärkungsinitiative Kulturträger Bonn” ist zu prüfen, wie die Stadt bewährte Kulturprojekte wie die „Rheinkultur“ oder den „Bonner Sommer“ wieder aufnimmt. Das sollte besonders dann möglich werden, wenn sie privat organisiert und durch öffentliche Mittel, zum Beispiel durch die Initiative Musik des Bundes, gefördert werden könnten. Das gilt auch für die Ausrichtung von Popveranstaltungen in Bonn. Den Kunst!rasen Bonn gilt es unbedingt zu erhalten.
Mehr Kinder- und Jugendkultur
Die Freien Demokraten wollen ihren erfolgreichen Einsatz für das Kultur- und Bildungsangebot von Kindern und Jugendlichen fortführen.
Insbesondere werden wir uns für eine weiterhin verlässliche Förderung der freien Jugendtheater einsetzen, wie zum Beispiel der Brotfabrik und des Jungen Theater Bonn, das als eines der erfolgreichsten deutschen Kinder- und Jugendtheater gilt. Durch strukturelle Stärkung und bessere Rahmenbedingungen wollen wir für eine sichere Zukunft sorgen. Dazu zählen auch barrierefreie und inklusive Angebote der Jugendkultur.
Freie Kulturträger und Kulturbetriebe fördern
Freie Kulturträger in Bonn sind eine wesentliche Säule für Qualität und Vielfalt von Kunst und Kultur in Bonn. Sie finanzieren sich hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge und Sponsoring (in Vereinen) oder durch Eintrittsgelder und Werbung (in Kulturbetrieben). Die wirtschaftlichen Risiken von Kulturangeboten und -vermittlung tragen sie dabei selbst und wurden zuletzt durch die Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht. Gerade für diese Kulturträger wollen wir die Rahmenbedingungen in Bonn verbessern und eine Kulturpolitik für die Freie Szene auf Augenhöhe mit öffentlichen Kulturträgern aufbauen.
Oft haben zeitgenössische Kunstformen wie Graffiti oder Poetry-Slam noch keine oder nur unzureichende Räumlichkeiten, von Proberäumen bis Aufführungsorten. Dies gilt auch für Künstler der bildenden und darstellenden Künste sowie Musiker und Tänzer.
Bonn hat auch Institutionen, die sich um Filmerbe und Filmkultur verdient machen. Zum Beispiel sind die Internationalen Stummfilmtage das besucherstärkste Filmfestival in Nordrhein-Westfalen. Auch die Kinder- und Jugendarbeit oder filmgeschichtliche Themen werden in der Bonner Filmkultur seit Jahren erfolgreich aufgegriffen. Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Filmkultur sind uns Freien Demokraten ein wichtiges Anliegen.
Wir wollen uns für einen Ort der zeitgenössischen Künste in Bonn einsetzen. Gemeinsam mit der Verwaltung sollen dafür geeignete Grundstücke und Gebäude geprüft und zur Verfügung gestellt werden. Wir begrüßen, dass das Areal des Alten Schlachthofs an der Immenburgstraße auch für junges Kulturleben entwickelt und in Zusammenarbeit mit einem privaten Investor und Betreiber zu einem multifunktional genutzten Veranstaltungsort („Poptempel“) umgebaut wird.
Die Freien Demokraten wollen sich für eine stärkere finanzielle Förderung der Produktionen der Freien Szene in allen Kunstsparten sowie der Jugendkultur einsetzen. Die Kommunikation mit der Stadt soll durch die Etablierung eines städtischen Ansprechpartners verbessert werden.
Ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen für Straßenmusiker müssen gelockert werden. Dazu gehört in erster Linie eine völlige Abschaffung der Genehmigungspflicht und damit einhergehend eine Aufhebung der maximalen Anzahl von Straßenmusikern für bestimmte Gebiete.
Museen ausreichend ausstatten
Die internationale Wahrnehmung und Anerkennung ihrer Museen ist für Bonn als UN-Stadt unverzichtbar. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Bonner Museen personell und finanziell ausreichend ausgestattet sind, um ihrem internationalen Ansehen weiter gerecht werden zu können. Dazu gehören vor allem Unterstützung bei der Digitalisierung, der Kunstvermittlung sowie einer verstärkten Akquise vom Land Nordrhein-Westfalen für Museen bereit gestellter Fördermittel.
Stadtarchiv angemessen unterbringen
Das Betreiben eines kommunalen Archivs ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe und keine freiwillige Leistung. Die aktuelle Unterbringung des Stadtarchivs ist baulich unzureichend. Regelmäßig auftretende Wasserschäden gefährden den Bestand. Deshalb sollen die bestehenden Pläne zum Umbau und der Erweiterung der ehemaligen Pestalozzi-Schule in ein modernes Archiv mit hoher Dringlichkeit weiterverfolgt und umgesetzt werden.
Bibliotheken und Volkshochschule sichern
Die Stadtbibliothek und ihre Zweigstellen sowie die Volkshochschule im Haus der Bildung sind bedeutende städtische Bildungseinrichtungen für alle Bonnerinnen und Bonner. Die Freien Demokraten setzen sich für eine langfristige finanzielle Absicherung und eine bessere Ausstattung in der Digitalisierung ein.
Wir begrüßen die Initiative des Landes Nordrhein- Westfalen für benutzerfreundlichere Öffnungszeiten bei den Bibliotheken. Dadurch wird unser Bemühen unterstützt, zusammen mit ehrenamtlichen und inklusiven gemeinnützigen Vereinen Bibliotheken wieder mehr zum Teil des gesellschaftlichen Lebens zu machen und für alle Gruppen der Gesellschaft neu zu öffnen.
Öffnung und Inklusion verbessern
Öffentliche Kulturinstitutionen sind Vorbilder hinsichtlich sozialer Offenheit und Inklusion. Sie sollten sich gezielt bemühen, Bürger in ihrer ganzen Vielfalt unserer Stadtgesellschaft anzusprechen und zu interessieren.
Wir werden eng mit den Bonner Kulturinstitutionen und der Stadtverwaltung zusammenarbeiten, um Modellprojekte für eine inklusive Öffnung von Kulturinstitutionen nach dem Vorbild anderer Städte wie Essen zu starten. Das Schauspiel in Bad Godesberg hat in 2019 dafür schon erste erfolgreiche Schritte getan. Ein weiterer Ausbau sollte auf geeignete Weise gefördert werden, auch durch den Abbau von Auflagen und unnötiger Bürokratie.
Der Zugang von Studierenden zu den Kulturangeboten in Bonn bedarf ebenfalls einer Reform. Die Stadt darf nicht länger die Studierenden der Universität dazu benutzen, ihre Theater zu subventionieren. Lediglich Restkartenkontingente geringfügig vergünstigt anzubieten und dafür allen Studierenden eine halbjährliche Gebühr abzuverlangen, entspricht nicht unserer Vorstellung davon, Kultur zugänglich zu machen. Wir setzen uns dafür ein, die entsprechenden Verträge mit der verfassten Studierendenschaft in ihrer jetzigen Form aufzuheben und durch ein faires und treffsicheres Verfahren zu ersetzen.